Gemeinsam für Sicherheit, Stabilität und Entwicklung in der Sahelzone
Durch die Instabilität und den Terrorismus in der Sahelzone wird auch unsere Sicherheit unmittelbar bedroht.
Die fünf Länder der G5 Sahel (eine Regionalorganisation, der Burkina Faso, Mauretanien, Mali, Niger und der Tschad angehören), deren Fläche der Westeuropas entspricht, zählen zu den am stärksten gefährdeten Ländern. Diese Länder, die zu den ärmsten der Welt gehören, leiden unter den Auswirkungen des Klimawandels, Ernährungsunsicherheit und schwachen staatlichen Strukturen und sind von einer Vielzahl von Krisen betroffen. Der Terrorismus fordert dort - durch die steigende Zahl von Anschlägen, die von der Weltöffentlichkeit weitgehend ignoriert werden - einen hohen Tribut. Allein im Jahr 2019 sind über 4 000 Menschen Anschlägen zum Opfer gefallen! In Burkina Faso gibt es derzeit beinahe 800 000 Binnenflüchtlinge, ihre Zahl ist damit sieben Mal höher als noch im Februar 2019. In der Sahelzone und im westlichen Afrika sind heute 17 Millionen Menschen auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen - das sind doppelt so viele wie im letzten Jahr. Schätzungen zufolge könnte das Zusammentreffen von Unsicherheit und Covid-19-Pandemie 50 Millionen Menschen in eine Nahrungsmittel- und Ernährungskrise stürzen.
Für viele Bürgerinnen und Bürger der EU scheint die Sahelzone weit weg zu sein. Dies trifft jedoch nicht zu: die Länder dieses großen Gebietes befinden sich in der Verlängerung der Südgrenze der EU, da sie unmittelbar an Marokko, Algerien und Libyen grenzen. Die jüngste Geschichte hat uns gelehrt, dass Terrorismus nicht an Grenzen haltmacht und Instabilität eine starke Triebkraft für die Abwanderung von Menschen und für jede Art von illegalem Handel ist. Daher stellen die Instabilität und der Terrorismus in der Sahelzone auch eine unmittelbare Bedrohung unserer Sicherheit dar. Wir müssen also - nicht nur aufgrund unserer Pflicht zur Solidarität, sondern auch, weil es in unserem eigenen Interesse ist - der Bevölkerung und den Staaten der Sahelzone beistehen.
Eine Videokonferenz, in der wir unser gemeinsames Engagement bekräftigen
Letzte Woche haben wir gemeinsam mit dem Präsidenten des Europäischen Rates und der Präsidentin der Europäischen Kommission eine Videokonferenz mit den Staats- und Regierungschefs der G5 Sahel, dem Vorsitzenden der Kommission der Afrikanischen Union und der Untergeneralsekretärin der Vereinten Nationen abgehalten. Mit einem einfachen Ziel: weiterhin unser Hauptaugenmerk auf die Sahelzone zu richten und auf beiden Seiten die Anstrengungen zu beschleunigen.
Konkrete Unterstützung und Einrichtung der „Koalition für die Sahelzone“
Dank der Videokonferenz der vergangenen Woche konnten wir außerdem die Koalition für die Sahelzone formell einrichten: dabei wird angestrebt, weitere internationale Partner in diese Koalition einzubeziehen, da die Sahelzone nicht allein eine europäische Angelegenheit bleiben kann.
Wir habe zusätzliche Unterstützung in Höhe von 194 Mio. EUR angekündigt: 112 Mio. EUR sind dafür bestimmt, die Kapazitäten der internen Sicherheitskräfte der Länder der Region auszubauen und zur Wiederherstellung der Präsenz von Staat und Justiz in den fragilsten Gebieten beizutragen, und 82 Mio. EUR sollen in Programme zur Steigerung der Resilienz und in Entwicklungsprogramme fließen. Diese neuerliche Unterstützung kommt zu den 4,5 Mrd. EUR hinzu, die die Europäische Union seit 2014 in der Region investiert hat.
Im übrigen haben wir zur Unterstützung der Bekämpfung des Coronavirus beschlossen, unsere bestehenden Programme durch eine Neuausrichtung auf Sofortmaßnahmen zur Bewältigung der Gesundheitskrise anzupassen - insbesondere auf Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheitssysteme, der Wasserversorgungssysteme und der sanitären Systeme, aber auch auf Maßnahmen zur Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Covid-19-Krise. Unter diese Neuausrichtung fallen in der Sahelzone somit beinahe 450 449 Mio. EUR.
Parallel dazu unterstützen wir die Forderung unserer afrikanischen Partnerländer nach einem Moratorium für den Schuldendienst gegenüber den internationalen Finanzinstitutionen. Wir sind bereit, noch weiter zu gehen, und stellen mit den Finanzinstitutionen bereits Überlegungen dazu an, Schulden, die die Staatshaushalte so vieler unserer Partnerländer belasten, zu erlassen oder Umschuldungen vorzunehmen.
Ein erhebliches Sicherheitselement
Im Sicherheitsbereich unterstützen wir die gemeinsame Einsatztruppe, indem wir Kosten für Ausrüstung, Infrastruktur, Beratung und Ausbildung übernehmen. Darüber hinaus unterstützt die EU den Ausbau der Kapazitäten der G5 Sahel in den Bereichen innere Sicherheit und Justiz.
Seit 2012 sind zudem drei Missionen im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Einsatz. Konkret bedeutet dies, dass 900 Experten in der Region im Einsatz sind, um im Rahmen verschiedener Maßnahmen (Beratungs- und Ausbildungsmissionen sowie Unterstützung hinsichtlich Ausrüstung und Infrastruktur) zur Stärkung von Streitkräften, Gendarmerie und Polizei beizutragen.
Wir haben gerade das Mandat unserer Mission in Mali verstärkt und erweitert, um die aktuellen sicherheitspolitischen Herausforderungen besser bewältigen zu können. Die Mission kann jetzt außerhalb von Mali tätig werden. Zum einen kann die Mission von nun an auch die malische Armee bei ihren Feldeinsätzen begleiten, ohne sich jedoch an Kampfhandlungen zu beteiligen. Zum anderen können im Rahmen der Mission nun auch andere nationale Kontingente der gemeinsamen Einsatztruppe der G5 Sahel ausgebildet werden.
Anstrengungen beschleunigen
Trotz ihres beispiellosen Ausmaßes haben alle diese Anstrengungen zugegebenermaßen nicht zum erhofften Erfolg geführt. Es ist an der Zeit, unser Engagement zu intensivieren. Dies ist natürlich vor allem und in erster Linie Sache unserer Partnerländer in der Sahelzone. Allein werden sie es aber nicht schaffen, da sie mit zahlreichen Herausforderungen gleichzeitig konfrontiert sind. In der Sahelzone investieren die Regierungen bis zu einem Drittel des Staatshaushalts in Sicherheitsausgaben. Dies ist auf lange Sicht nicht tragfähig.
Wir können es uns nicht erlauben, unser Engagement unter Quarantäne zu stellen - weder in der Sahelzone noch andernorts in der Welt.
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