Welttag der humanitären Hilfe – keine Medaillen, keine Rekorde, keine Podien: Nur Leben retten
© Mahmoud Fadel/IRC
Humanitäre Katastrophen gibt es überall. Selbst in Gebieten, die stabil zu sein scheinen, können sich die Bedingungen jederzeit rasch verschlechtern und die Bevölkerung in Gefahr bringen. Sei es durch Naturkatastrophen oder infolge politischer Ereignisse: Plötzlich können Menschen in Gefahr geraten. In solchen Fällen stehen humanitäre Helferinnen und Helfer bereit, und sie tun ihr Bestes, um weltweit den Bedürftigsten zur Seite zu stehen.
Die weltweite Pandemie hat für diejenigen Gemeinschaften, die schon vorher schutzbedürftig waren, noch mehr Belastungen mit sich gebracht, und die Ziellinie, eine verbesserte Lebensqualität, weiter nach hinten verschoben. Die Unterstützung und das Engagement der humanitären Helfer waren ausschlaggebend dafür, dass zahlreiche Gemeinschaften nicht zurückgelassen wurden.
In Jemen wurde die Unsicherheit infolge des anhaltenden bewaffneten Konflikts durch den Ausbruch von COVID-19 noch verstärkt. Auf dem Höhepunkt der Pandemie im Jahr 2020 hatten Krankenhäuser damit begonnen, Patientinnen und Patienten abzuweisen, weil sie hofften, dadurch die Ausbreitung des Virus einzudämmen. „Viele Frauen fragten sich, wo sie ihre Kinder zur Welt bringen können und wie sie sich selbst schützen können“, erklärt Frau Dr. Bushra Al-Aghbari.
Dank der humanitären Hilfe der EU betreibt das IRK mobile medizinische Einheiten, die es Bushra ermöglichen, Frauen in abgelegenen Gebieten eine reproduktive Gesundheitsversorgung zu bieten. © Mahmoud Fadel/IRK.
Die mutige 27-jährige Ärztin hat die Aufgabe übernommen, acht EU-finanzierte mobile Gesundheitsteams zu leiten. Ihre Teams von Gesundheitsfachkräften leisten Schwangeren und Neugeborenen lebenswichtige Unterstützung in Gebieten, in denen sie sonst keinen Zugang zur Gesundheitsversorgung hätten. Ihre Arbeit ist ein ständiger Wettkampf gegen die Bedingungen, unter denen ländliche Gemeinschaften leben, und ihr Ziel besteht darin, das Leben von Frauen und ihren Babys zu schützen.
Im Jahr 2012 beschloss Rabe’a, Krankenschwester zu werden. Als damals ihr Wohnviertel bombardiert wurde, litt Rabe’a unter ihrer eigenen Hilflosigkeit, weil sie den Verwundeten in ihrem unmittelbaren Umfeld nicht helfen konnte. „In dem Augenblick dachte ich an meine Kinder, und ich wollte nicht in eine Situation geraten, in der ich ihnen nicht würde helfen können, falls ihnen etwas zustoßen sollte“, sagte sie.
Rabe’a hat gerade an der Ausbildungsstätte für Hebammen und Pflegepersonal in Afrin ihren Abschluss gemacht und arbeitet nun im Krankenhaus von al-Mahab, das von der Organisation Syria Relief and Development unterstützt und von der Europäischen Union finanziert wird. Jetzt zählt sie zu den vielen mutigen humanitären Helferinnen und Helfern, die darum kämpfen, in dem vom Krieg heimgesuchten Syrien Leben zu retten.
Der EU-Freiwillige für humanitäre Hilfe Martino Roberto Chiappa unterstützt seine Gastgeberorganisation in Mosambik bei der Sensibilisierung entlegener Gemeinschaften für Maßnahmen, mit deren Hilfe Corona-Ausbrüche verhindert werden und die Menschen gesund bleiben können. © WeWorldGVC, 2020
Als die Pandemie Italien erreichte, war Martino in Mosambik als Freiwilliger tätig. Er überlegte sich, ob er in sein Heimatland zurückkehren sollte, um näher bei seiner Familie und seinen Freunden zu sein. Als ihm jedoch bewusst wurde, welche Auswirkungen die Pandemie in seinem Gastland haben würde, beschloss er, zu bleiben und seinen Auftrag zu erfüllen, anderen zu helfen.
Da die offiziellen Informationen nicht immer bis in die entlegensten Regionen des Landes gelangen, hat Martino Informationsmaßnahmen geplant und daran teilgenommen. Die richtigen Informationen sind für die Gemeinschaften von entscheidender Bedeutung, damit sie sich besser darauf vorbereiten können, die Ausbreitung des Virus zu bekämpfen.
Die Welt, in der wir leben, wird auch durch den Klimawandel bedroht – wir können es uns nicht leisten, seine Folgen zu ignorieren. Die zunehmende Zahl von Naturkatastrophen und der daraus resultierende soziale Druck verursachen Wunden, die schwer zu heilen sind. In diesem Jahr begehen die Vereinten Nationen den Welttag der humanitären Hilfe mit dem Start der Kampagne #TheHumanRace“ (externer Link). Gemeinsam mit einigen der erfolgreichsten Sportlerinnen und Sportler ermutigt die Kampagne die Menschen in der ganzen Welt, zu laufen, zu walken, zu schwimmen, zu rudern oder zu radeln, um Menschenleben und die Umwelt zu retten.
Humanitäre Helferinnen und Helfer arbeiten nicht nur unter schwierigen Bedingungen, wenn sie im Einsatz sind, oft geraten sie auch in Lebensgefahr. Im Jahr 2020 kamen 108 humanitäre Helferinnen und Helfer ums Leben und 125 wurden entführt (externer Link). Im Jahr 2021 gab es bislang 105 schwere Angriffe auf humanitäre Helfer.
„Wir verurteilen solche Angriffe, und ihre Täter müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Die Rettung von Menschenleben sollte niemals Menschenleben kosten – humanitäre Helferinnen und Helfer dürfen nicht zur Zielscheibe werden. Wir würdigen ihren Mut und ihr Engagement und bekunden unser Mitgefühl gegenüber den Familien, Freundinnen und Kollegen derjenigen, die ums Leben gekommen sind, während sie anderen zu Hilfe kamen,“ so der Hohe Vertreter der EU, Josep Borrell, und der EU-Kommissar für Krisenmanagement, Janez Lenarčič, in einer gemeinsamen Erklärung zum Welttag der humanitären Hilfe.
In derselben Erklärung fordern Josep Borrell und Janez Lenarčič alle Konfliktparteien weltweit auf, „das humanitäre Völkerrecht zu achten und Angriffe gegen humanitäre Helfer und Zivilisten, einschließlich der zivilen Infrastruktur, zu unterlassen. Wir betonen ferner, wie wichtig die uneingeschränkte Achtung und Einhaltung der international anerkannten humanitären Grundsätze sind.“