COVID-19 hat das Risiko von Misshandlung und Folter weltweit verschärft
Die COVID-19-Pandemie hat weltweit zu einem deutlichen Anstieg von Folter und Misshandlung geführt. Menschen, denen die Freiheit entzogen wurde und die bereits dem Risiko grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung ausgesetzt waren, begegneten einer neuen Gefahr, der sie besonders schutzlos ausgeliefert waren – insbesondere bei einer Unterbringung in geschlossenen Räumen, in denen eine physische Distanzierung praktisch unmöglich ist. Schutzmaßnahmen, einschließlich Lockdowns und Ausgangssperren, haben nicht selten zu übermäßiger Gewaltanwendung durch Strafverfolgungsbedienstete geführt. Zudem hat die Corona-Krise institutionelle und verfahrenstechnische Mängel aufgezeigt, die das Risiko, Folter und Misshandlung zu erleiden, für zahllose Kinder, Frauen und Männer in allen Regionen der Welt verschärft haben.
„Durch die Beschränkungen und Lockdowns haben Menschenrechtsverletzungen und -verstöße sowohl im öffentlichen Raum als auch im häuslichen Bereich zugenommen: größere Gewalt, willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen, physische Angriffe und psychische Traumata haben vielen Menschen zugesetzt“, heißt es in der Erklärung, die der Hohe Vertreter/Vizepräsident der EU Josep Borrell anlässlich des Gedenktags abgegeben hat. „Die Achtung der Menschenrechte und der Menschenwürde muss auch weiterhin die Leitplanke unserer Reaktion auf die anhaltende weltweite Pandemie sein. Trotz der Bemühungen vieler Regierungen, die Zahl der Häftlinge angesichts der Gesundheitskrise zu verringern, kommt es in Haftanstalten weiterhin zu Folter und anderen Misshandlungen.“
Personen unter Freiheitsentzug sind aufgrund ihrer prekären Lage besonders gefährdet, sich mit dem tödlichen Virus zu infizieren. Wie die unabhängige Informationsplattform Prison Insider (externer Link) berichtet, haben sich bis zum 20. Mai 2021 mehr als 548 489 Häftlinge in 122 Ländern mit COVID-19 angesteckt; mindestens 3 968 Gefängnisinsassen in 47 Ländern sind an dem Virus gestorben. Leider sind diese Zahlen nicht endgültig und kein Bild der heutigen Realität.
Haftbedingungen in Mali. Quelle: Lionel Grassy, FIACAT
Von Horror zu Heilung: 40 Jahre Freiwilliger Fonds der Vereinten Nationen für Folteropfer
1981 – vor genau 40 Jahren – wurde der Freiwillige Fonds der Vereinten Nationen für Opfer der Folter (externer Link) gegründet, um Folteropfern und ihren Familien zu helfen.
Hunderte zivilgesellschaftliche Organisationen weltweit erhalten Zuschüsse aus dem Fonds, um medizinische, psychologische, rechtliche, soziale und andere Unterstützung zu leisten. Die freiwillig bereitgestellten Mittel, für die in erster Linie die Mitgliedstaaten aufkommen, tragen zur Rehabilitation und Wiedergutmachung, zu Empowerment und dem Zugang zu Rechtsbehelfen bei und kommen jedes Jahr rund 50 000 Menschen zugute, die Folter erlebt und überlebt haben. Verschiedene Organisationen der Zivilgesellschaft, die von Initiativen Überlebender bis zu Rehabilitationszentren reichen, unterstützen Folteropfer in besonders prekären Situationen. Dazu zählen Kinder, Jugendliche, Personen unter Freiheitsentzug und Menschen mit Behinderungen, Angehörige indigener Bevölkerungsgruppen, LGBTI-Personen sowie Migrantinnen und Migranten einschließlich Asylsuchenden, Flüchtlingen und Binnenvertriebenen.
EU gegen Folter: Verbesserung der Haftbedingungen, Bekämpfung der Straflosigkeit, Unterstützung von Menschenrechtsverteidigern
Die EU hat in den letzten zehn Jahren mehr als 100 Millionen € für Bemühungen zur Bekämpfung von Folter bereitgestellt – ein Thema, das nach wie vor eine Priorität des EU-Aktionsplans für Menschenrechte und Demokratie 2020-2024 bildet. Die Union setzt sich unermüdlich dafür ein, Folter in jeglicher Form und Situation weltweit zu bekämpfen und die Haftbedingungen und die Behandlung von Personen unter Freiheitsentzug zu verbessern. Rechenschaftspflicht für Täter, wirksame Justizsysteme und Wiedergutmachung für Opfer sind weitere wichtige Aspekte der europäischen Politik zur Bekämpfung von Folter.
Die EU wird sich auf bilateraler, regionaler und multilateraler Ebene, insbesondere durch ihre Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen, dem Europarat und dem Internationalen Strafgerichtshof, ebenso wie durch ihre Unterstützung von Organisationen der Zivilgesellschaft und Menschenrechtsverteidigern, weiterhin für diese Anliegen einsetzen, und sie wird nicht davor zurückscheuen, Folter und andere Formen der Misshandlung weltweit zu verurteilen und unabhängige Untersuchungen schwerer Menschenrechtsverletzungen und -verstöße zu unterstützen, wo immer sie auftreten.
Die globale Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte bezeugt die Entschlossenheit der EU, sich für die Menschenrechte einzusetzen und entschlossene, konkrete Maßnahmen gegen diejenigen zu ergreifen, die für schwere Verletzungen und Übergriffe wie Folter und andere Misshandlungen verantwortlich sind.
Ein gutes Beispiel für ein gemeinsames Vorgehen sind die Grundsätze für wirksame Befragungen zu Untersuchungen und zur Informationsgewinnung (externer Link), die kürzlich mit Unterstützung der Vereinten Nationen, beteiligter Staaten, der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft eingeführt wurden. Sie geben Orientierung für die Beschaffung genauer und zuverlässiger Informationen unter uneingeschränkter Achtung der Menschenrechte und der Menschenwürde, unter anderem durch die Umsetzung rechtlicher und verfahrensrechtlicher Garantien in den ersten Stunden des Polizeigewahrsams.
Ferner wird sich die EU in Zusammenarbeit mit Argentinien und der Mongolei weiter für die Allianz zur Beendigung des Handels mit Folterwerkzeugen (externer Link) einsetzen und allen Staaten nahelegen, verstärkt gemeinsam vorzugehen, um den Handel mit Gütern zu regulieren, die für die Todesstrafe, Folter und andere Formen der Misshandlung verwendet werden.